29. Oktober 2019 00:00
So klingelt die Kasse
Fünf Möglichkeiten, ein Studium zu finanzierenDie Wohnung von Ricarda Kleine ist überschaubar. Dennoch bietet sie alles, was eine Studentin zum Leben braucht: Ein Bett, eine Küchenzeile mit Herd und Spülmaschine und einen kleinen, separaten Raum für Büroarbeiten. Ricarda Kleine studiert Journalismus und Public Relations im dritten Fachsemester an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen.
Von Nikola Leinweber
„Meinen Eltern war es sehr wichtig, mir das Studium zu finanzieren. Meinem Vater wurde das Studium nämlich nicht ermöglicht“, sagt die 19-Jährige. Und zu dieser Finanzierung gehört eben jene Wohnung. Nicht viele ihrer Kommilitonen haben das Glück, Eltern zu haben, die genug Geld für den kompletten Lebensunterhalt während des Studiums aufbringen können. Für diese Menschen gibt es allerdings Unterstützungsangebote.
Besonders für Kinder einkommensschwacherer Familien gibt es das so genannte Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG. Es existiert seit 1971 und wurde verabschiedet, um jungen Erwachsenen ein Studium zu ermöglichen, deren Eltern sie finanziell nicht unterstützen können. Da das BAföG subventioniert wird, müssen Studenten nur die Hälfte des Darlehens zurückzahlen.
„Ich bekomme leider kein BAföG, sonst hätte ich das Studium so finanziert“, sagt Ricarda Kleine. Ihre Eltern verdienen zu viel. Denn vom Einkommen der Eltern hängt ab, wer gefördert wird und wer nicht. Die Lebensrealität bleibt dabei vollkommen außer Acht. Anna Ohde studiert ebenfalls Journalismus und Public Relations im dritten Fachsemester und kann das nur bestätigen: „Im vorletzten Jahr haben meine Eltern noch normal verdient, da habe ich kein BAföG bekommen. Aber Anfang des Jahres hat sich die finanzielle Situation geändert. Bei der Prüfung wird nur das Einkommen der Eltern aus den letzten Jahren berücksichtigt, deshalb wurde mein erster Antrag auch abgelehnt.“ Nun wartet Anna Ohde darauf, dass das BAföG-Amt den Verdienst ihrer Eltern von diesem Jahr prüft, damit sie die finanzielle Unterstützung bekommt. Schon seit August wartet sie.
Die Bürokratie kann manchen Studenten davon abhalten, BAföG zu beantragen. Für solche Fälle gibt es Studienkredite oder auch Bildungskredite. Einer der größten Anbieter ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Bankengruppe. Sie bietet Studien-Darlehen von bis zu 650 Euro monatlich an. Der Nachteil: Das Geld muss nach Ende des Studiums komplett zurückgezahlt werden. „Über einen Studienkredit habe ich auch mit meinen Eltern geredet, aber sie haben sich dagegen gewehrt“, so Ricarda Kleine schuldbewusst, aber sie sieht auch den Vorteil in der familiären Förderung: „Es ist beruhigend, nach dem Studium ohne Schulden in den Beruf zu starten.“
Studenten, die zwar Geld brauchen, aber keine Schulden sammeln möchten, finden in Stipendien eine weitere Finanzierungsmöglichkeit. Besonders oft vergeben Parteien, kirchliche und ehrenamtliche Institutionen Stipendien, die Anforderungen an Empfänger sind allerdings hoch. Alternativ bleibt nur noch die klassische Arbeit, unter anderem als Werksstudent, als Einnahmequelle. Darauf greift auch Anna Ohde zurück. Sie hat zwei Nebenjobs. „Ich habe Dienstag und Donnerstag meinen freien Tag und gehe dann arbeiten“, sagt sie. „Manchmal ist es stressig. Wenn ich nur daran denke, was ich alles an diesen Tagen geschafft bekommen könnte.“
Diese Probleme hat Ricarda Kleine nicht. Ihre Eltern legen viel Wert drauf, dass sie das Vollzeitstudium auch als Vollzeitstudium wahrnehmen kann. „Ich denke immer noch nach, mir einen Job zu suchen“, so die 19-Jährige, denn wie sie vorher im Gespräch verriet: „Ich habe meinen Eltern gegenüber ein super schlechtes Gewissen, immer.“
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