03. Dezember 2013  00:00

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Glaube in Gelsenkirchen

„Nur Glauben ist nicht mein Ding“

Konzentriert schaut er auf die Scharniere und beißt sich auf die Unterlippe. Frank Werner folgt den Ausführungen seines Schreiner Bruders. Ein Bruder im Glauben. Denn Frank ist Hausmeister im Kongressaal der Zeugen Jehovas.

Von Sarah Geinitz

Frank Werner mag Sport, spielt Volleyball, verreist gerne und ist Zeuge Jehovas. „Ich fühle mich mit Gelsenkirchen sehr verbunden“, sagt der 49-Jährige und lacht. Denn eigentlich ist er in Dortmund aufgewachsen, dem schwarz gelben Feind.

:: Ein typisches Leben ::

Eine längere Zeit hatte Werner als Großaußenhandelskaufmann gearbeitet. Nun steht er auf der Straße – ein oder zweimal wöchentlich, um von seinem Glauben zu berichten. Die restliche Zeit lebt und arbeitet er in einem kleinen Haus mit braunen Ziegeln, Flachdach und lila Blumen. Es ist direkt an den Kongresssaal angebunden. Werner kümmert sich um alle Bau- und Handwerksarbeiten die dort anfallen.

:: Eine Tür birgt besonderes ::

Er öffnet eine Tür und soweit das Auge reicht sind nur noch Stühle zu sehen. Über zweitausend Sitzplätze hat der Königreichsaal. Rechts im Saal ist schon Wasser eingelassen für Taufen am Wochenende. „Dafür muss ich noch das Wasser aufwärmen, damit die Täuflinge nicht erfrieren“ sagt Werner schmunzelt und zwinkert buerpott mit einem Auge zu.

:: Wie alles began ::

Vor über fünfundzwanzig Jahren war Werner eigentlich von evangelischer Konfession, auch wenn er nicht viel mit der Religion zu tun hatte. Bis ein einfaches Klingeln das änderte. Ein Zeuge Jehovas stand vor der Tür seiner Mutter. Mit Hereinbitten des Gläubigen kam auch der Glaube in sein Leben: „Ich habe mich gefragt was ist richtig und was ist falsch. Einfach Glauben ist nicht mein Ding.“, erinnert sich Werner zurück und schüttelt leicht den Kopf. „Die Verkünder schlugen mir vor einen Bibelkurs zu machen“, beschreibt er und zeigt auf seine Hand, als ob er dort eine Bibel hielte.“ Ich sagte ihnen, da sollen sie sich aber schon mal warm anziehen, und die haben auch ganz schön geschwitzt“, erzählt Werner und lacht während er seine Brille zu Recht rückt. „Aber niemand sonst konnte mir die Bibel so gut erklären.“, gibt er zu.

:: Freunde die blieben ::

In seinem Freundeskreis gab es verschieden Stimmen, aber im Endeffekt haben sie Werners Glauben akzeptiert. Wenn auch nicht alle seinen Glauben übernommen haben, so „haben einige auch angefangen sich mit der Bibel zu beschäftigen“, sagt Werner freundlich. Bis heute ist er noch mit einigen befreundet, wenn auch nicht mehr so eng wie früher, aufgrund des Alltagsstress. Die Reaktionen seiner Familie sind bis heute sehr ähnlich. Doch „ich merke auch selten, dass ich Gegenwind bekomme und viele Menschen bewundern eher unseren Glauben“, beschreibt Werner und nickt leicht mit dem Kopf. Mit seinen beiden jüngeren Schwestern und dem kleinen Bruder teilt er sogar den Glauben.

:: Eine fast normale Geschichte ::

Aus der Küche ist Tellerklappern zu hören und das Surren einer Abzugshaube. Werner sitzt entspannt in seinem schlichten Arbeitszimmer. Ein gewöhnlicher Arbeitstisch, ein Blumenbild und ein mittel großer Plasma-Bildschirm an der Wand füllen den Raum. Seine Frau kocht in der Küche, denn sie erwarten noch Besuch. „Bald haben wir zwei Silberne Hochzeit.“, sagt Werner freut sich und schaut ein wenig stolz. „Meine Frau war schon vor mir Zeuge Jehova. Ich habe sie damals auch bei den Gläubigen kennengelernt“, erinnert er sich etwas nachdenklich.

:: Der Unterschied zu Christen ::

Eine Art Gemeinde, ein Taufbecken, Trauungen, die Bibel – worin sich die Zeugen Jehovas zu Christen unterscheiden erklärt Werner mit ruhiger Handgestik: Wir sind auch Christen, nur wir nehmen die Bibel noch ernster und wollen auch wirklich danach leben und sind daher auch sehr offensiv“ sagt er freundlich aber bestimmt. „Wir sind damit eigentlich noch näher am Ursprung dran.“

:: Warum gerade dieser Weg? ::

Daher würde er die Zeugen Jehovas auch nicht als Sekte bezeichnen. „ Sekte bedeutet per Definition Abspaltung vom Ursprünglichen“ schildert er und blickt etwas ernster durch seine blau-grauen Augen. „Aber im Gegensatz zu den Katholiken oder Evangelischen sind wir ja näher und müssten sagen, dass die beiden Sekten sind.“, gibt er zu verstehen und grinst etwas über seine provokative Aussage. Die Frage, warum etwas Neues geschaffen wurde, anstatt in der evangelischen Kirche etwas zu verändern, „habe ich mir auch oft gestellt“, gibt Werner zu und nickt. „Reformen können und werden aber oft nicht so umgesetzt, wie es der Bibel nach sein sollte“, sagt er und lehnt sich in seinem Stuhl zurück.

:: Straßen-Aktionen ::

So steht er nun einmal pro Woche an der Straße oder geht von Haus zu Haus. Wenn es seine Zeit neben seinem Beruf als Hausmeister zulässt auch noch öfters. Eingeteilt wird Werner von der Ortsgmeinde. Einmal pro Woche wird jeder darin geschult, wie sie diese Aktionen präsentieren, was sie sagen können und was logisch ist. Jeder mache diese Einsätze aber freiwillig und so oft er möchte. „Vielen von uns fällt es echt schwer auf fremde Menschen zuzugehen. Ich habe da nicht so Probleme mit.“, verrät Werner und hat seine Arme auf den Armlehnen abgelegt. Personen, die genervt sind und absolut nichts damit zu tun haben wollen, sagt er „Jeder muss alleine entscheiden was er glaubt aber er sollte doch auch offen sein zuzuhören.“



Bisherige Kommentare

Udo Hartmann   08.12.2013, 12:53:11 Uhr

Ich kenne Frank Werner etwa seit der Zeit wo er neu bei Zeugen Jehovas war, da ich auch ein Zeuge und gleichen Alters bin und aus der Nachbarstadt komme.

Wir hatten gemeinsame Freunde. Ich kann von Frank Werner sagen, dass er stets seinen Glauben auch wirklich praktiziert hat. Er hätte sicherlich auch eine erfolgreiche berufliche Karriere eingeschlagen können. Doch ihm ist es wichtiger Menschen zu helfen zu Gott zu finden - was er bei vielen auch bewirken konnte.

Teresa Samert   08.12.2013, 22:14:33 Uhr

Hallo! Auch ich bin eine Zeugin Jehovas und kenne Frank Werner gut. Den Artikel finde ich sehr informativ und offen (vorurteilslos) geschrieben. Auch wir sind "nur" normale Menschen, die einfach versuchen das "Christsein" wirklich nach den Grundsätzen der Bibel zu leben. Was Franks qualitäten als Hausmeister angehen - nun wir können uns alle in unserer Gemeinde freuen, dass wir ihn haben (und natürlich auch seine Frau).

Manfred Berger   14.12.2013, 18:01:03 Uhr

Während Jehovas Zeugen gern anderen Menschen erzählen, sie sollen ihren Glauben prüfen, führt das kritische Prüfen und Hinterfragen des eigenen Glaubens ganz schnell dazu, dass der "Zweifler" aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wird. Kritik und Zweifel sind nicht erwünscht in der Gemeinschaft der "wahren Gläubigen". Und so ist es auch nur konsequent, wenn danach jeder Kontakt zu den "Abtrünnigen" abgebrochen wird - ausdrücklich auch dann, wenn es sich z.B. um Familienangehörige handelt. Wer kein Zeuge Jehovas mehr sein will, wird geächtet. Selbst Eltern sollen dann ihre Kinder verstoßen, wenn diese nicht mehr nach den Regeln der Organisation leben wollen. Hinter der freudig-friedlichen Fassade lauert der Leistungsgott. Missionszwang (natürlich sagen die Zeugen immer, sie tun alles freiwillig - wer nicht mehr freiwillig will, ist eben kein Zeuge mehr, siehe oben) und weitere Glaubensvorschriften (kein Blut, keine aktive oder passive Wahlteilnahme, bis vor einigen Jahren kein Zivildienst usw.) halten die Gläubigen "getrennt von der Welt". So wachsen denn auch ihre Kinder weltfremd im wahrsten Sinne des Wortes auf und ihre soziale Kompetenz reicht nicht weiter als es die Sektenführung eben zulässt.

Oliver   16.12.2013, 10:06:47 Uhr

Netter Artikel, der zeigt, dass man als Zeuge Jehovas nett, tolerant und sozial kompetent sein kann.

Schade, dass es immer Kommentare gibt, die gar nicht auf den Artikel eingehen, sondern trittbrettfahrend eigene Interessen verfolgen. Nur soviel: Zweifler gibt es in den Reihen und sie werden auch angehört. Unser Bezirksaufseher sagte kürzlich: "Zweifel sind nicht falsch. Falsch ist nur, sich nicht zu vergewissern." Unser Berufskritiker mit Missionszwang wird es nicht glauben: Ich gehe sehr gerne zu den Menschen, soviele interessante Persönlichkeiten gibt es zu entdecken, wenn man einfach mal klingelt; Menschen, die ich nie kennenlernen würde, weil sie nicht in meinem Beruf arbeiten und nicht meine soziale Schicht haben. Sehr spannend finde ich das! Meine Freude darüber empfinde ich als absolut real, und auch in der Bevölkerung gibt es häufig sehr positive Rückmeldungen. Und ja: Ich schaue gerne hinter die Fassade: Da sehe ich einen freundlichen Gott und freundliche Herzen. Sauertöpfischen Kritkergesichtern lächel ich doch gerne entgegen. Die Armen: Immer müssen sie schimpfen und haben nichts Freudiges zu erzählen. Was für eine Zwangsjacke.

Oliver   16.12.2013, 11:19:35 Uhr

Netter Artikel, der zeigt, dass man als Zeuge Jehovas nett, tolerant und sozial kompetent sein kann.

Schade, dass es immer Kommentare gibt, die gar nicht auf den Artikel eingehen, sondern trittbrettfahrend eigene Interessen verfolgen. Nur soviel: Zweifler gibt es in den Reihen und sie werden auch angehört. Unser Bezirksaufseher sagte kürzlich: "Zweifel sind nicht falsch. Falsch ist nur, sich nicht zu vergewissern." Unser Berufskritiker mit Missionszwang wird es nicht glauben: Ich gehe sehr gerne zu den Menschen, soviele interessante Persönlichkeiten gibt es zu entdecken, wenn man einfach mal klingelt; Menschen, die ich nie kennenlernen würde, weil sie nicht in meinem Beruf arbeiten und nicht meine soziale Schicht haben. Sehr spannend finde ich das! Meine Freude darüber empfinde ich als absolut real, und auch in der Bevölkerung gibt es häufig sehr positive Rückmeldungen. Und ja: Ich schaue gerne hinter die Fassade: Da sehe ich einen freundlichen Gott und freundliche Herzen. Sauertöpfischen Kritkergesichtern lächel ich doch gerne entgegen. Die Armen: Immer müssen sie schimpfen und haben nichts Freudiges zu erzählen. Was für eine Zwangsjacke.

Barbara M. Ackermann   19.12.2013, 12:54:38 Uhr

Ich finde den Artikel gut, vor allem das er vorurteilsfrei geschrieben wurde.

Zu dem Kommentar von Herrn Berger möchte ich folgendes sagen:

Jeder der Jehovas Zeuge wird, hat die Bibel studiert und umfassende Grundkenntnisse über göttlichen Gebote. In 1. Johannes 5:3 heißt es: „Denn darin besteht die Liebe zu Gott, daß wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer.“ Vor der Taufe hat er in einem persönlichen Gebet versprochen den Willen Gottes zu tun.

Jemand der die Gemeinschaft verläßt oder ausgeschlossen wird ist ein reueloser Sünder, der diese Handlungsweise fortsetzt und seinem Versprechen nicht mehr nachkommt. Zu den Geboten Gottes gehört es keinen Umgang mehr mit diesen Menschen zu haben.

In 1. Korinther 5:11-13 heißt es auszugsweise : „Nun aber schreibe ich euch, keinen Umgang mehr mit jemandem zu haben, der Bruder genannt wird, wenn er ein Hurer oder ein Habgieriger oder ein Götzendiener oder ein Schmäher oder ein Trunkenbold oder ein Erpresser ist, selbst nicht mit einem solchen zu essen. ...... „Entfernt den bösen [Menschen] aus eurer Mitte.“ Jemand der die Gemeinschaft verläßt oder ausgeschlossen wird, ist ein böser Mensch der nicht bereut und weiterhin böse handelt. Auch ohne göttliches Gebot will man ihm die Freundschaft kündigen und möchte mit ihm keinen Umgang mehr mit ihm haben. Ich habe noch nie gehört das ein solcher Mensch über seine Verbrechen redet. Sie tun nur so als währen es Menschengebote die Jehovas Zeugen befolgen müßten und Gruppenzwang ausgeübt würde. Das ist nicht wahr, jeder der sich als Jehovas Zeuge taufen lässt kennt die göttlichen Gebote und will sie ewig tun, weil sie für uns gut sind. Wie Jesaja schon in Kapitel 48 in den Versen 17 und 18 sagt: . . .„Ich, Jehova, bin dein Gott, der [dir] zum Nutzen dich lehrt, der dich auf den Weg treten läßt, auf dem du wandeln solltest. O wenn du doch nur meinen Geboten Aufmerksamkeit schenktest! Dann würde dein Frieden so werden wie ein Strom und deine Gerechtigkeit wie die Meereswellen, ist es zu unserem Nutzen.

Schlüter Maria   17.11.2014, 18:00:36 Uhr

Lieber Bruder Werner,

am Sonntag habe ich einen tollen Kongreß erlebt.Leider

konnte mein Mann Hermann aus Krankheitagründen nicht

teilnehmen.Ist am kommenden Wochenende nochmal das

gleiche Programm?

Wir würden uns über eine Antwort sehr freuen.

Liebe Grüße

Maria und Hermann Schlüter

PS.die Taufansprache war sehr erbauend



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Das Haus von Frank Werner auf dem Grundstück der Zeugen Jehovas

Der Kongresssaal in Gelsenkirchen

Der Kongresssaal von Innen

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